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Naturschutz: Ein Guide weist die Richtung

Erinnerst du dich an den Sonnenaufgang im Sossusvlei? Weißt du noch, wie gut der Fisch in Swakopmund geschmeckt hat? Der Blick aus dem Infinitypool in die Ebene war atemberaubend … der Rückblick auf Ihre Namibia-Safari ist immer einzigartig. Auch die Begegnungen mit den Guides vor Ort macht sie unvergesslich. Das sind professionell ausgebildete Männer sowie einige Frauen, die hier nicht nur „ihren Job erledigen“ und für den Unterhalt ihrer Familien sorgen. Sie übernehmen eine gesellschaftliche Verantwortung in Namibia: Die Natur bewahren und erhalten. Das ist ihre Motivation. Fast automatisch geben sie uns etwas von dieser Achtsamkeit mit auf den Weg. Wieder in Deutschland gelandet, begleitet uns diese Sensibilität für alles, was wächst, gedeiht, unsere Umgebung ausmacht – auf dem Land wie in der Stadt.

  • Interview mit Manuel Weber – Wissenschaftler und Guide im Porträt
  • So unterscheidet sich Tier- von Naturschutz
  • Tourismus kann dem Naturschutz helfen

Kluger Kämpfer für den Naturschutz

Wir geben es zu: Innerhalb von Minuten wurden wir echte Fans von Manu, wie wir unseren Guide nennen durften. Der junge Mann begleitete uns im Mai 2022 als Guide auf Onguma. Unsere Mission: Das Imagevideo für Namibia Individual drehen. Ein paar Tieraufnahmen fehlten noch und wir glaubten, hier den idealen Standort zu finden – wir wurden nicht enttäuscht. Das Reservat, östlich von dem Etosha Nationalpark gelegen und mit fünf exklusiven Lodges ausgestattet, empfehlen wir auch aufgrund des exzellenten Tierbestands gerne. Eine, der Umgebung entsprechende, Artenvielfalt sowie die direkte Anbindung an den Etoshapark begeistern.

Zurück zu unserem Gesprächspartner: Wer ist Manuel Weber? Geboren wurde er im Jahr 1999 in Deutschland. Im Alter von fünf Jahren kam er mit seiner Familie in die Freie Demokratische Republik Kongo, wo seine Eltern ihre Tätigkeit in der Entwicklungshilfe aufnahmen. Manu hat ein leibliches sowie zwei afrikanische, adoptierte Geschwister. Er stimmt zu: Seine Kindheit ist mit einer hier in Deutschland kaum zu vergleichen. Auf der einen Seite besuchte er eine abgeschirmte, belgische Eliteschule in der Provinzhauptstadt. Auf der anderen Seite bewegte er sich ab mittags in dem wohl größten Garten, den man sich vorstellen kann: im Buschland. Er, seine Geschwister und die übrigen Kinder genossen viel Freiheit. “Wir waren die einzigen Weißen in der Gegend und haben uns super mit den Locals verstanden. Darum haben wir keine Mauern gebraucht. Heute ist dieser Vorort komplett von der stark wachsenden Stadt umschlossen. Ich beobachte das auf Google Earth und bin jedes Mal schockiert”, berichtet Manu. Den Schulabschluss macht er in Frankreich. Die Ausbildung zum Fieldguide erhielt er in Südafrika. Anschließend studierte er Umweltwissenschaften und Naturschutz in Freiburg und kehrte nach dem Bachelor in das südliche Afrika zurück.

In dieser Phase trafen wir ihn auf Onguma, wo er als Guide arbeitete und mit dem gesamten Team der Guides einen Managementplan entwickelte, mit dem Ziel, die Gäste für den Naturschutz zu sensibilisieren. Kurz gesagt, werden ihre Sinne für die scheinbar so einfachen und doch komplexen Zusammenhänge in der Natur geschärft. “Entscheidungen für den Naturschutz in Afrika werden meist in Europa gefällt. Darum ist es so wichtig, dass den Menschen die Zusammenhänge vor Ort deutlich gemacht werden – auch wenn sie hier Urlaub machen. Sie nehmen ihr Wissen mit und es verbreitet sich in Europa.” Parallel arbeitete er an seinen eigenen Forschungsprojekten – die Ornithologie bildet den Fokus. In der zweiten Jahreshälfte 2022 kehrt Manu nach Europa zurück und strebt an der ETH Zürich den Master an. Bei unseren Begegnungen – vor Ort und per Video-Chat – staunten wir nicht schlecht … so jung, so gebildet und dabei so natürlich und auf seine Art und Weise. Wie gesagt: Wir sind jetzt Fans.

Seine Passion für die Natur entwickelte sich schon in der Kindheit und Jugend. Die reisefreudige Familie erkundete das gesamte südliche Afrika per Autofahrt. “Es gibt zwei Monate Schulferien, die meine Eltern bei Bedarf um einen Monat verlängerten”, gibt Manu zu und verzieht keine Miene. Mit fünf Jahren besucht er das erste Mal den Krüger Nationalpark und seitdem war klar, dass er Fieldguide wird und sich um den Naturschutz kümmert. “Dieses Ziel hat mir immer geholfen, klare Entscheidungen für mein Leben zu treffen und etwas Sinnvolles zu tun.”
Die Entscheidung für die Natur war sofort da. Das Bewusstsein für den menschengemachten Wandel entwickelte sich allmählich. Er beschreibt es differenziert: “Es hat zwei Seiten. Einerseits ist der Mensch Teil der Natur. Andererseits kann die Wirkung zu extrem werden. Der Mensch entwickelt sich zur Schlüsselart. Wir können das auch beim Elefanten sehen, der enorme Auswirkungen auf die Pflanzen hat.” Elefanten können nicht mehr wandern. Eingezäunt in Areale, explodiert ihre Anzahl. Und wie kommt alles wieder in Balance?

Naturschutz? Ja, aber bitte ohne Emotionen

Diese Aussage hat uns verblüfft. Manu erklärt: “Ich habe das an der Uni begriffen. Wenn im Bereich Umweltwissenschaften viele Vorlesungen von den Professoren mit pessimistischen Einschätzungen eröffnet werden, macht das etwas mit dir. Das nimmt einen psychologisch mit und man darf sich darin nicht verlieren.” Er plädiert dafür, die Lage nüchtern und mit Abstand zu betrachten. Dann fragen: Was können wir jetzt tun? Welche Zukunft hätte ein junger Mensch wie Manu heute, im Jahr 2022? Die will er sich nicht kaputt reden lassen. Die will er aktiv gestalten.
Aber kann man Menschen über schutzbedürftige Tiere sensibilisieren? Auch hier unterscheidet der angehende Wissenschaftler genau. “Wir dürfen Naturschutz nicht mit Tierschutz verwechseln!” Wo liegt der Unterschied? Naturschutz bedeutet Prozessschutz, führt Manu aus. Ökologische Zusammenhänge werden betrachtet und bewahrt. Ein Löwe in einem Käfig ist kein Löwe. Er muss seine Aufgabe als Prädator in einem offenen System erfüllen. Denn es ist ganz normal, dass Tiere sterben. Ja, auch dass sie leiden.

Immer wieder pickt Tierschutz eine Art aus dem System heraus und isoliert sie. Das hat ökologisch keinen Wert, sagt Manu, und er wünscht sich, dass Ressourcen mit Blick auf die komplexen Zusammenhänge investiert werden. Bei den Nashörnern ist ein Punkt erreicht, an dem man die geschrumpfte Population erhalten muss – zum Beispiel auch durch Züchtung. Wenn die Tiere später wieder in den natürlichen Kreislauf zurückkehren und nicht bis zu ihrem Ende im Käfig leben, sei das in Ordnung. Er führt auch die Geparden an. Viele männliche Tiere seien inzwischen zeugungsunfähig. Durch wissenschaftliche Untersuchungen und Kreuzungen erholt sich der Bestand. Auffangstationen für Paviane sieht er auf der anderen Seite kritisch. Die Primaten haben eine breite Nische und treten auf, wenn im Ökosystem Probleme auftauchen. Sie passen sich an und werden schlicht zur Plage.

Naturschutz in Afrika braucht den Tourismus

Das kann passieren: Ein Elefant trinkt aus dem Pool, an dem man entspannt liegt. Oder aus dem Augenwinkel beim Zähneputzen entdeckt man einen Löwen am Wasserloch – genau das ist uns auf Onguma passiert. Die Begegnungen mit Tieren auf der Lodge und im Gelände sind überwältigend. Sie machen uns demütig. “Jeder Besuch auf einer Lodge hilft”, sagt Manu. Denn die Lodge schützt das Land, den Habitat – wie er sich ausdrückt. Wenn es ein zusammenhängendes Stück Land gibt, kommen die Tiere von selbst. Er freut sich, wenn Lodges den Tierschutz mit Naturschutz kombinieren. Wir teilen diese Haltung. Für Gäste, die speziell an ökologischen Themen interessiert sind, stellt Namibia Individual eine ausgesuchte Safari zusammen. Er fügt hinzu: “Namibia ist so sicher. Ein wenig wie die Schweiz Afrikas. Speziell Menschen, die den Kontinent zum ersten Mal besuchen, fühlen sich hier wohl.”

Als Vorbereitung auf die Reise empfiehlt Manu, Produktionen von David Attenborough für die BBC. “Namibia kommt da eigentlich in jeder Folge vor”, sagt er schmunzelnd. Ein Buch, das ihn beeindruckt hat, berichtet über einen Mann, der auf Onguma gearbeitet hat, als es noch eine Rinderfarm war. Peter Stark war der meistgesuchte Wilderer im Land. Er schoss Löwen in Etosha, damit sie den Viehbestand nicht schmälerten. Schließlich wechselte er die Seite, schnappte Wilderer und beschützte den Etosha Nationalpark. Er starb 2013 und hat auf Onguma seine letzte Ruhestätte gefunden.

Bücher lesen, Dokumentationen schauen – und vor Ort? Wer selbst fährt, kann sich am Gate von Etosha in einem Buch über Sichtungen informieren, die andere dort notieren. Guides sind natürlich auch über Funk im Kontakt und steuern den Standort von Tieren an.

Wer sich auf eigene Faust auf den Weg macht, beachtet natürlich die Sicherheitsanweisungen und passt sich am besten an das Verhalten der Tiere an. Man ist in den frühen und den späteren Stunden unterwegs und nimmt sich ausreichend Zeit.
Manu war für unsere Filmproduktion jedenfalls ein Glücksfall. Mit ihm fanden wir kurz vor Sonnenuntergang die perfekte Stelle für das Statement im Clip: Namibia, wie Sie es erleben wollen.