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Jung, weltoffen und aktivierend: das Goethe-Institut in Namibia

Das Buffet lockt alle Gäste zum Frühstück. Vor allem, wenn es so abwechslungsreich und lecker ist wie auf Mowani – eine Lieblingslodge im Damaraland. Es ist Mai 2021 und während wir auf frisch gerösteten Toast warten, entwickelt sich das Gespräch mit Dennis Schroeder. Im Januar letzten Jahres trat er seine Stelle als Leiter des Goethe-Instituts in Windhoek an. Wenn die Zeit es zulässt, erkundet er mit seiner Familie sein neues Zuhause.

Goethe. Direktor. Dieser lässige, junge Mann und seine Familie widerlegen bereits optisch sämtliche Vorurteile über verstaubte Sprachschulen. Kommunikation und Kultur sind in Bewegung! Wir wollen mehr wissen und verabreden ein Telefoninterview später im Jahr. Am 16.09.2021 ist es endlich so weit. Wir können uns auf das Gespräch konzentrieren, denn zuvor hielt die COVID-Pandemie den Leiter des Goethe-Instituts in Atem. Auch darüber sprechen wir.

Inhalt:

  • Von Sprache, Kultur und Tourismus: Im Gespräch mit Dennis Schroeder, Direktor des Goethe-Instituts Windhoek
  • Mehr erfahren über Namibia: dem Goethe-Institut online folgen
© Goethe-Institut
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Namibia Individual: Hallo Dennis, Danke, dass du heute Zeit für uns hast. Es geht gleich los mit der ersten Frage: Welche Aufgabe hat das Goethe-Institut?
Dennis Schroeder: Wir sprechen von drei Säulen. Da ist zunächst die deutsche Sprache, wir sind vor allem als Sprachschule bekannt. Menschen, die in Deutschland arbeiten und studieren wollen oder die hier in Namibia Deutsch für ihren Beruf brauchen – Stichwort Tourismus – kommen zu uns und lernen diese schwierige Sprache.

Dann gibt es unsere Bibliothek – eine Spezialbibliothek, die Bücher aus und über Deutschland anbietet, allerdings vermehrt auch Literatur aus Namibia. Die Bibliothek ist auch Ort für Begegnung und Austausch. Hier finden Veranstaltungen zu Themen wie Meinungsfreiheit, Fake News oder künstlicher Intelligenz statt. Durch COVID getrieben stellen wir uns in diesem Bereich auch weiter digital auf.

Die dritte Säule bildet die Kultur! Und das ist vieles: Wir erweitern den Kulturbegriff. Neben die bildenden Künste tritt die Zivilgesellschaft als Thematik. Wir fördern die lokale Filmszene mit regelmäßigen Veranstaltungen. Hinzu kommen Konzerte und Ausstellungen, die wir hoffentlich bald wieder regelmäßig zeigen können. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Kreativwirtschaft. Wir sehen Kreativität nicht als Hobby nach dem Nine-to-Five-Job, sondern als Broterwerb. Wir möchten unternehmerische Skills vermitteln: Wie gründe ich als kreative Person, Künstlerin oder Künstler ein Unternehmen?

Da seid ihr weiter als manche Hochschule in Deutschland …
Danke für das Kompliment.

Kreative müssen wissen, was ihre Arbeit wert ist.
Ja, genau! Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, es geht um die gesellschaftliche Wertschätzung von Kultur. Kultur hat Wert.

Und da sprichst du für deinen Standort in Namibia?
Auch. Das beschäftigt uns überall.

Da kommen uns noch tausend weiterführende Fragen in den Kopf – aber dazu später. Jetzt die nächste Frage: Seit wann agiert das Goethe-Institut im südlichen Afrika?
Das erste Goethe-Institut in Subsahara-Afrika wurde 1961 eröffnet. Das war in Ghana, Togo und Kamerun. Hier in Namibia begann man als Goethe-Zentrum direkt 1991 nach Namibias Unabhängigkeit und wurde 2016 ein Goethe-Institut.

Wo liegt der Unterschied?
Goethe-Zentren werden lokal verwaltet von Partnern vor Ort. Ein Institut erhält Unterstützung, auch finanziell, vom deutschen Staat. Die Administration ist eine andere, auch die Möglichkeiten erweitern sich. Damit wächst das Engagement und es kommen auch Mitarbeitende aus Deutschland in das jeweilige Institut.

2021: Das Goethe-Institut feiert seinen 70. Geburtstag. Wie jung ist diese Institution?
Ich bin erst seit Anfang 2021 hier in Namibia dabei, aber ich glaube: Wir handeln am Puls der Zeit – mit unseren Programmen und allem, was wir nach außen tragen.

Deutschland und Namibia: Das ist auch koloniale Vergangenheit. Wie positioniert sich das Goethe-Institut?
Das Goethe-Institut ist Plattform für Menschen, die sich auch über die koloniale Vergangenheit kritisch austauschen möchten. Wir wünschen uns aber, dass das nicht der Endpunkt der Diskussion ist, sondern der Beginn eines produktiven Miteinanders. Das spiegelt sich teilweise in unseren Projekten. Wir bringen deutsche und namibische Künstler zusammen, die dieses wirklich schwierige Thema bearbeiten. Auch die Restitution von Kunst an afrikanische Museen wird beleuchtet und gefördert. Wir werfen den Blick in die Vergangenheit, beschäftigen uns aber gleichzeitig mit Fragen der Zukunft – wie soll es weitergehen, wie muss es weitergehen?

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Welche Haltung hegen junge Namibier gegenüber Deutschland?
Wenn ich sehe, wie viele junge Menschen bei uns Sprachkurse belegen und an den Schulen Deutsch als Fremdsprache wählen, schätze ich die Haltung positiv ein. Die Präsenz der Deutschen als Touristen wird gut aufgenommen. Sie bilden klar eine wirtschaftliche Stütze.

Das bedeutet, junge Namibier sind an deutscher Kultur interessiert?
Das ist schwierig zu sagen. Was ist deutsche Kultur? Beethoven oder Ramstein? Es ist eher das Land, es sind die Menschen. Man kann sagen: Deutschland ist wesentlich präsenter in Namibia, als das umgekehrt gilt.

Robert und Helga – sind deutsche Vornamen in Namibia immer noch beliebt?
Also im Kindergarten meines Sohnes, der international gemischt ist, höre ich englische Namen.

In Südafrika werden Straßen wieder neu benannt. Englische Namensgeber verschwinden und man erinnert an südafrikanische, unabhängige Kultur. Passiert das in Namibia auch?
Nicht so massiv. Allerdings wundert es mich, nein ich bin schockiert: Es gibt in Windhoek noch eine Trothastraße – benannt nach dem preußischen Generalleutnant Lothar von Trotha. Er initiierte den Völkermord an den Herero und Nama zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Puh, ja da wäre eine Umbenennung notwendig. Jetzt ein Cut. Wir tippen, du empfiehlst deutschen und internationalen Freunden eine Reise nach Namibia. Warum?
Weil Namibia eines der schönsten Länder der Welt ist. Namibia besticht durch unglaubliche Landschaften und Natur, freundliche Menschen und eine enorm gut ausgebaute Infrastruktur. Das ist ideal für Menschen, die eigentlich keine Fernreisen anstreben. Dieses Land ist geeignet für Abenteurer und für Menschen, die es wagen möchten, außerhalb von Europa eine Reise zu unternehmen.

Wir haben es eben anklingen lassen: Was kann der Tourismus für Namibia tun? Kann dieser Impuls nachhaltig wirken?
Auf jeden Fall. Nicht nur die namibische Wirtschaft profitiert, sondern auch das ausgeklügelte Naturschutzsystem. Davon ist der Tourismus integraler Bestandteil. Die meisten Formen des Tourismus unterstützen aktiv den Naturschutz.

Schön, dass du das sagst. In dieser Art konzipieren wir unsere individuellen Reisen und vermitteln die Werte unseren Kundinnen und Kunden. Du hast es gesagt: Namibia ist so unglaublich schön und es gibt viel zu entdecken. Hast du einen Lieblingsort?
Ja. Wir sind noch nicht im gesamten Land gewesen. Aber zwei Ausflüge führten uns in den Süden und das Naturschutzgebiet NamibRand hat uns überwältigt. Am liebsten fahre ich Schotterstraße. Da dauert die Fahrt etwas länger, aber man sieht mehr von der Natur. Die Gegend hat das meiste, was Namibia auszeichnet – sowohl rote Sanddünen und Berglandschaften, als auch die vielfältige Flora und Fauna. Ich war noch nicht weiter im Norden, in der Sambesiregion oder am Okavango. Da bin ich gespannt.

Es ist wunderbar. Du wirst es lieben. Uns interessiert: Wie sieht die Zukunft des Goethe-Instituts aus?
Wir wollen Kunst und Kultur und die Auseinandersetzung hiermit mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken. Die Kreativwirtschaft wird uns weiter begleiten und ich sehe hier großes Potenzial. In Sachen Sprache wollen wir 2022 mehr Präsenzkurse in Windhoek abhalten. Aufgrund der Pandemie haben wir unser Angebot an Onlinekursen stark erweitert und verbessert. Damit erreichen wir noch mehr Menschen. Und es gibt Pläne, in Swakopmund Sprachunterricht in Deutsch zu etablieren.

Alles Gute für eure Pläne. Vielen Dank für deine Zeit, lieber Dennis.
Sehr gerne. Es ist schön, dass Ihr die Aufmerksamkeit der Leser auf die Kultur in Namibia lenkt.

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Das Goethe-Institut digital besuchen und Namibia kennenlernen

Sie möchten schon vor Ihrer Reise ein paar Eindrücke über Namibia sammeln? Es gibt wunderbare Dokumentationen über Flora und Fauna – als Buch oder Film. Aber wie sieht das Leben der Menschen vor Ort aus? Die Website des Goethe-Instituts gibt Einblicke – teils in den Alltag der Menschen, und teils in das kulturelle Schaffen.

Wir empfehlen Ihnen diese Kanäle:

Die Website des Goethe-Instituts | https://www.goethe.de/ins/na/de/index.html
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